Gärtnerplatzviertel, Augsburgerstr., 13. Nov. 2015
Gespräch: Uche und Christine Umpfenbach
Was hat dir damals geholfen in München anzukommen?
Am Anfang war überhaupt keine Rede von „Ankommen“. Man hat das Gefühl nur körperlich, aber nicht wirklich hier zu sein. Die Lebensumstände als Geflüchteter sind so, dass man kein Gefühl von Ankommen haben kann. Es hat gedauert. Es ist ein Prozess. Dadurch, dass man im Asylverfahren steckt, dass die Zukunft ungewiss ist, kann man trotz guter Freunde, trotz guter Begegnungen sich nicht richtig angekommen fühlen. Erst als mein Asylverfahren positiv ausgegangen ist, als ich diesen Bescheid bekommen habe, dass ich hier bleiben darf, hatte ich das Gefühl von Angekommen-Sein. „Okay, jetzt darf ich hier bleiben, jetzt darf ich anfangen das zu tun, was ich hier gern tun möchte.“ Vier Jahre nach meiner Ankunft hier in München, war das.
Was wolltest du hier gerne tun?
Mich um Arbeit kümmern. Ich habe in Nigeria studiert und fast 10 Jahre als Umweltberater gearbeitet. Erst mit der Aufenthaltserlaubnis durfte ich mich aber um Arbeit in meinem erlernten Beruf kümmern. Ich habe dann als erstes ein Ergänzungsstudium in Umwelttechnik gemacht. Als Asylbewerber durfte ich nicht studieren. Ich wollte mich auf den aktuellen Stand bringen, damit ich mich auf dem Arbeitsmarkt bewerben kann. Und ich wollte aus dem Flüchtlingslager ausziehen in eine normale Wohnung.
Dein Gefühl war, dass du durch das Studium in deinem Bereich arbeiten kannst?
Das Gefühl zu haben war eine Sache, aber die Wirklichkeit war eine andere Sache. Nach diesem Ergänzungsstudium habe ich angefangen mich zu bewerben. Ich habe mich beworben, beworben, beworben, beworben. Ich habe über 200 Bewerbungen geschickt. Die meisten nach Deutschland, ein paar ins Ausland. Aber nur einmal habe ich ein Vorstellungsgespräch bekommen. Von 200 Bewerbungen. Das war ein bisschen demotivierend. Aber trotzdem wusste ich noch, dass ich angekommen bin. Auch wenn das mit den Bewerbungen nicht geklappt hat.
Warum denkst du, hat es nicht geklappt?
Das hat -meiner Meinung nach- mit der Gesellschaft zu tun. Weil ich kein Deutscher bin, weil ich einen komisch klingenden Namen habe, weil man z.B. in Deutschland ein Foto auf seinem Lebenslauf haben muss und man sieht: das ist irgendein Afrikaner, und …es gibt immer noch sehr viel Rassismus, sehr viele Vorurteile in der deutschen Gesellschaft. Das ist so. Ich denke, dieses sich bewerben, bewerben, bewerben ohne eine Einladung zum Vorstellungsgespräch zu bekommen, hatte damit zu tun.
Jetzt arbeitest du ja im bayerischen Flüchtlingsrat, Wie kam das?
Ich hatte mich viel politisch engagiert. Irgendwann gab es eine freie Stelle. Und die Leute kannten mich und wussten, dass ich das machen kann und deswegen habe ich den Job hier bekommen.
Was denkst du über das Willkommen in München?
Erstmal ist das eine sehr tolle Sache, dass sich die Leute wirklich engagieren, sich einbringen, rauskommen und sagen, wir heißen diese Menschen willkommen. Als ich 2003 nach Deutschland gekommen bin, war das nicht so. Für mich ist das ein Zeichen, dass sich die Gesellschaft verändert hat. Ein bisschen. Es gibt auch noch die feindliche Stimmung. Menschen, die keine Geflüchteten und keine fremden Menschen sehen wollen. Aber die Willkommensstimmung ist ein gutes Zeichen, ein Fortschritt.